Stéphane Couturier, Georg-Treu-Platz in Dresden, Silberfotografie aus der Serie Urbane Archäologie, 1997
1997 wurde der Fotograf Stéphane Couturier vom Institut français in Dresden zu einem Künstleraufenthalt eingeladen. Dabei entstand eine Reihe von Bildern, die auf ganz besondere Weise die Wiederaufbauarbeiten festhalten, die im historischen Stadtzentrum unternommen wurden.
Der Künstler baut seine Bilder nach einer bestimmten Methode auf, die darin besteht, die beobachtete Szene durch eine Komposition aus einem orthogonalen Raster und durch das Fehlen eines Fokus zu verflachen. Alle Elemente sind gleich wichtig. Diese einem Archäologen vergleichbare Gründlichkeit führt zu einer absichtlich angestrebten visuellen Verwirrung zwischen verschiedenen Ebenen des Bildes. Dies ist auch bei der Aufnahme des Georg-Treu-Platzes der Fall, auf der ein Bild im Bild erscheint: Es handelt sich um die Plane, die das historische Gebäude zeigt, dessen originalgetreuer Wiederaufbau begonnen wird. Im Vordergrund sind die Stützen der Kräne und die ärmlichen Relikte eines barocken Palais zu sehen, im Hintergrund das Gebäude des Albertinums (ehemaliges Zeughaus, heute Museum für Kunst des 19. und 20.Jahrhunderts), dessen Dach oben absichtlich abgeschnitten ist, um die Horizontlinie aus dem Bild zu nehmen. All dies führt dazu, dass das Ergebnis auf den ersten Blick eher einer Fotomontage als einer realen Aufnahme ähnelt.
Stéphane Couturier spielt gerne mit der Zweideutigkeit der vermeintlichen fotografischen Objektivität. Er konzipiert diese Bilder mit einer hohen Auflösung, damit sie in sehr großen Dimensionen abgezogen werden können, und baut so eine echte Umgebung für den verunsicherten Betrachter auf. Der Künstler hinterfragt unsere Fähigkeit, eine kritische Distanz zum Bild der Stadt in ewiger (Re-)Konstruktion einzunehmen, das er uns in einem flüchtigen Moment ihrer Geschichte präsentiert.
Sonia de Puineuf