Walter Möbius, Dresden, Altmarkt. Blick vom ehemaligen Modehaus Möbius auf die Baustelleneinrichtungen und die Wohn- und Geschäftshäuser (1953-1956; Arch. H. Schneider und K. Röthig), die Heilig-Kreuz-Kirche und den Rathausturm, 1953-1956, SLUB Dresden Deutsche Fotothek

Walter Möbius (1900-1959) war der erste Hausfotograf des Fotoarchivs der Universitätsbibliothek in Dresden (heute Deutsche Fotothek). Diese Fotografie von Möbius zeigt einen Blick aus der Vogelperspektive auf den Altmarkt, der damals gerade umgebaut wurde.

Man erkennt leicht die einzelnen historischen Gebäude – die Kreuzkirche und den Rathausturm -, einige Ruinen alter Gebäude, aber vor allem die neuen Gebäude, die den Platz strukturieren sollten. Ihre imposante Größe und ihre ausgeklügelten Fassaden zeugen von dem Wunsch, den Bewohnern der Stadt Wohnraum zu bieten, der die Illusion erweckt, mit den herrschaftlichen Häusern der Vergangenheit konkurrieren zu können. Es handelt sich hierbei um die späte Anwendung der Doktrin des sozialistischen Realismus und der “nationalen Traditionen” (die in der UdSSR formuliert wurde) im Bereich der Architektur. Diese “Paläste der Werktätigen” sollten die sozialen Fortschritte der kommunistischen Gesellschaft symbolisieren. Der Altmarkt war zum Nervenzentrum der Stadt geworden. Im Norden wurde er nun von einer breiten Straße gesäumt, die für offizielle Veranstaltungen und Militärparaden des neuen politischen Regimes gedacht war.

Der hohe Punkt, den Möbius für seine Aufnahme gewählt hat, ermöglicht es, auch die provisorischen Baracken im Vordergrund zu sehen, die in einem Quadrat angeordnet sind. Es handelt sich um eine temporäre Architektur, die es ermöglichte, die Arbeiter und Arbeiterinnen direkt auf der Baustelle unter angemessenen Bedingungen unterzubringen.

Sonia de Puineuf