Jacques Prévert, Barbara, Auszug aus dem Gedicht, 1946

Der Dichter Jacques Prévert (1900-1977) besuchte Brest in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen mehrmals. Die Stadt am Ozean war für ihn ein Ort fröhlicher Begegnungen mit befreundeten Künstlern, Schriftstellern und anderen Intellektuellen. Als er nach dem Krieg nach Brest zurückkehrte, fand er ein Feld voller Ruinen vor. Unter dem Schock dieser Erfahrung schrieb er eines seiner berühmtesten Gedichte: Barbara.

Das Gedicht ist durch die sich wiederholende Formel „Rappelle-toi Barbara“ („Erinnere dich, Barbara“) strukturiert und erzählt vom Brest der Vorkriegszeit, wo der Dichter im Regen eine unbekannte, bezaubernde und verliebte junge Frau beobachtet hatte. In der Rue de Siam wird sie von einem Mann angesprochen. Doch nach und nach wird diese Erinnerung an das einfache und flüchtige Glück durch die unerbittliche Realität der tragischen Geschichte ersetzt: „Der glückliche Regen“ weicht dem „Sturm aus Eisen, aus Stahl, aus Blut“ (Bombenangriffe). Das Ergebnis ist eine unter den Bomben zerstörte Stadt, eine Stadt, „von der nichts mehr übrig ist“.

Barbara wurde von Joseph Kosma vertont und von Yves Montand gesungen. Jacques Prévert selbst rezitierte mehrmals sein Gedicht, das heute stark mit der Vorstellungswelt von Brest verbunden ist. Die Rue de Siam wurde zu einem wichtigen topografischen Bezugspunkt, einer städtischen Verkehrsader, die, während des Wiederaufbaus umgestaltet, die bewegte Geschichte von Brest im 20. Jahrhundert zusammenfasst. Barbara war im Übrigen der Deckname der Widerstandskämpferin Annie Noël, einer Brester Freundin von Jacques Prévert.

Sonia de Puineuf